Selfie mit Webcam
Hier ist fast alles wie immer. Es gab aber im Senfladen keine Würste mehr, ein Mangel, der, so wurde mir von der Inhaberin persönlich glaubhaft versichert, morgen behoben sein wird. Daher aß ich Frikadelle (für Berliner: Boulette, für Bayern: Fleischpflanzerl).
Obwohl mein Regenradar Unwetter ankündigte, waren bei meiner Ankunft in der Altstadt noch alle Cafes voll. Die werde ich in den nächsten Tagen noch einzeln testen. Mein Terminkalender ist rappelvoll, wie es sich für einen Kurzurlaub gehört.
Ich habe auch mein Lieblingszimmer im vierten Stock meines Hotels bekommen. Ich liebe den Ausblick auf die Fördertürme der Zechen und andere Relikte der Industriekultur. Ich bin im Katharinenhof Stammgast. Außergewöhnlicher Bonus: Es gibt dort LAN – jedenfalls in meinem Zimmer! Und wenn man vergessen hat, ein Kabel mitzubringen, händigt die Rezeption dem Reisenden eines aus. Ich war schon in vielen Hotels, aber so einen exquisiten Service für IT-Nerds hatte ich noch nirgends. WLAN gibt es natürlich auch.
Gegen 19 Uhr fing es dann doch an zu schütten. Vermutlich pläddert [Wortschatzübung für die Nachgeborenen] es die ganze Nacht.
Ich war rechtzeitig ins Camillo geflüchtet und befleißigte mich der Völlerei dergestalt, dass ich neben dem perfekt temperierten Bier Spargelcremsuppe und Kalbsschnitzel verzehrte, worauf ich noch ein weiteres Getränk auf Kosten des Hauses bekam.
Warum poste ich das? Will das jemand wissen? Freunde von mir reisen gerade bei gutem (!) Wetter durch Irland. Davon würde ich gern Fotos sehen, aber sie sind – obzwar Nerds – nicht in sozialen Medien oder sonstwo online präsent.
Urlaub ist, wenn man machen kann, was man will, auch arbeiten, aber einem das Kochen und Putzen vom Personal abgenommen wird. Ich hätte auch nichts gegen einen Zimmerservice der unanständigen Art. Der hätte den Vorteil, das ich, ermattet und vollgefressen wie ich gerade bin, auch dankend ablehnen könnte, was bei „Beziehungen vielleicht zu den von mir verhassten „Beziehungsdiskussionen“ führen könnte, falls eine(r) will und eine(r) nicht. Aber damit kenne ich mich nicht aus bzw. habe vergessen, wie das war. (Har har, meine letzte Liebhaberin hätte ich aber niemals von der Bettkante gestoßen… Das musste mal gesagt werden, weil ich weiß, dass sie hier heimlich mitliest.)
Ich mag die Geräuschkulisse bei geöffnetem Fenster. Fetzen von Gesprächen, die vom Bahnhof in den vierten Stock dringen, aber so leise, dass sie nicht stören. Ab und zu donnern leise (sic) Güterzüge vorbei, weil die offenbar fahren, wenn die Personenzüge nur sporadisch unterwegs sind. Das alles klingt nach Leben. Der Regen schafft eine gedämpfte Kulisse, wie ein beruhigender Schleier, der alles gnädig dämpft.
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.
Nein, so soll es nicht sein…